Des Wahnsinns fette Beute

Von Oliver Zajac

Am letzten Mittwoch hatten wir eine Stelle in der Hauswirtschaft zu besetzen. Eigentlich keine grosse Sache, da wir seit Monaten immer wieder Initiativbewerbungen von Frauen und Männern aus Ost- und Südosteuropa erhalten, die unangemeldet auf einmal auftauchen und nach Arbeit fragen. Leider hatte die junge Frau aus Polen, die sich vor ein paar Tagen bewarb, es versäumt, ihre Handynummer zu hinterlassen. Also fragte ich einen unserer polnisch-stämmigen Mitarbeiter, der jüngst die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten hatte und von dem ich annahm, er könnte die Bewerberin ohne Handynummer kennen, ob er ihr ausrichten könne, dass sie noch einmal vorbei kommen solle. Und da grinste er nur und sagte, könne er, aber er sehe da noch eine andere Möglichkeit und ich solle ihm Zeit bis Freitag geben. Und so kam es, dass noch am Mittwoch irgendwo in Polen ein Telefon klingelte. Und am Donnerstag um 15 Uhr irgendwo in Polen eine junge Frau in einen Überlandbus nach Deutschland kletterte, wo sie früh am Freitagmorgen in unserer Hauswirtschaft hospitierte, am Montagmorgen im Einwohnermeldeamt unserer Gemeinde vorstellig wurde, um nur wenig später ausgestattet mit einer frischen Anmeldebestätigung einen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen.

Ungefähr Mitte März zitierten mehrere Medien aus einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, wonach auf Basis einer Schnellschätzung noch nie so viele Ausländer in die Republik eingewandert wären wie im Jahre 2015. So sind im vergangenen Jahr zwei Millionen Flüchtlinge und „andere Zuwanderer“ nach Deutschland eingewandert, während 840.000 Ausländer im gleichen Zeitraum wieder abwanderten, was in einem Zuwanderungssaldo von insgesamt 1,14 Millionen resultiert. Dem höchsten jemals registrierten Wanderungsüberschuss in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Diese Pressemitteilung des Bundesamtes, eigentlich eine Kurzzusammenfassung des erst eine Woche später erscheinenden und immerhin 389 Seiten starken Berichtes über die Ergebnisse des Ausländerzentralregisters, das alle in Deutschland ansässigen Ausländer erfasst, sorgte in der allgemeinen Flüchtlingskrisendiskussion medial für eher wenig Aufmerksamkeit, wobei eine Lektüre des folgenden Berichtes durchaus lohnenswert ist, zeigt sie doch, dass die junge Frau, die einige Woche später von einem Tag auf den anderen ihren Verwaltungsjob in Polen kündigte, um in der Hauswirtschaft eines kleinen Pflegeheimes im Nordschwarzwald zu arbeiten, beileibe keine Ausnahme ist sondern im Begriff steht, sogar der Regelfall zu werden, was somit auch ein erhellendes Licht auf das werfen kann, was man im Allgemeinen die Flüchtlingskrise nennt.

Ende 2012 erfasste das Register insgesamt 3.050.411 in Deutschland ansässige EU-Ausländer, bis Ende 2015, also innerhalb von nur drei Jahren, wuchs diese Zahl um eine knappe Million auf insgesamt 4.013.179 Menschen an. Ein rapider Zuwachs, der dafür sorgte, dass die EU-Ausländer selbst in den wirtschaftsstarken Regionen Bayerns und Baden-Württembergs, deren Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung mit 14 und mehr Prozent schon vergleichsweise hoch ist, die Mehrheit unter den dort ansässigen Ausländern stellt, während der Anteil der Ausländer mit türkischem Pass (31.12.2015: 1.506.113 Menschen) in den letzten Jahren kontinuierlich sinkt. Was Deutschland derzeit erlebt, ist eine EU-Europäisierung des Arbeitsmarktes, da sich die deutsche Wirtschaft ganz ohne Einwanderungsgesetz ein riesiges Reservoir an Arbeitskräften erschlossen hat, das im Bedarfsfall nicht nur schnellstens mobilisiert werden kann, sondern auch noch vergleichsweise gut ausgebildet ist, und das nicht nur weil es in seinen Herkunftsländern unter hoher Jugendarbeitslosigkeit leidet, hoch motiviert auftritt, und uns bezüglich Kultur, Geschichte, Mentalität und Wertvorstellungen auch noch sehr nahe steht und somit in der Summe der mitgebrachten Eigenschaften vergleichsweise problemlos und unkompliziert in unsere Arbeitswelt als auch Gesellschaft eingepasst und integriert werden kann, weil diese jungen Menschen eben so  bestmöglich kompatibel sind, wie es bestmöglicher eigentlich gar nicht mehr sein kann. Die Ursachen für diese Entwicklung finden sich im Jahr 2004, als acht mittel- und osteuropäische Staaten mit einer Gesamtbevölkerung von 75 Millionen der EU beitraten, deren Bürger eigentlich auch in den Genuss der Arbeitnehmerfreizügigkeit hätten kommen müssen, zumindest aber was den deutschen Arbeitsmarkt betraf, Übergangsfristen mit gewissen Einschränkungen in Kauf nehmen mussten, ebenso wie die später mit einer Gesamtbevölkerung von 31,5 Millionen der EU beigetretenen Länder  Bulgarien, Rumänien und Kroatien. Die letzte Übergangsfrist für diese Länder lief Ende Juni 2015 aus, sodass heute alle EU-Bürger, natürlich auch solche der Alt-EU-Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal, Italien usw., die nach wie vor von der Eurokrise geplagt werden mit einhergehender horrender Jugendarbeitslosigkeit, in den Genuss der vollen Freizügigkeit kommen, also sich überall in der EU niederlassen und eine Arbeit aufnehmen dürfen, was für und in der Bundesrepublik derzeit vor allem EU-Bürger aus Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Kroatien auch nutzen. Eine Tatsache, die die immer wieder aufflackernde Diskussion um die Notwendigkeit eines deutschen Einwanderungsgesetzes ganz nebenbei als puren Schein entlarvt, denn die EU-Osterweiterung im Verbund mit der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit sind unser De-facto-Einwanderungsgesetz, man hat nur mal wieder vergessen, uns das auch zu sagen, denn entgegenkommender und unkomplizierter als die EU-Freizügigkeit kann ein Einwanderungsgesetz für deutsche Unternehmen gar nicht sein.

Und das ist nicht nur “auch gut so”, das ist vielmehr dringend notwendig, denn ein Land, das so unter dem Demographiewandel leidet wie unseres, braucht dringend Zuwanderung. Experten schätzen, dass Deutschland pro Jahr mindestens 500.000 Einwanderer benötigt, um die drohende nationale Vergreisung auszugleichen. Viele, viele Menschen pro Jahr, die unter anderem an Werkbänke treten, sich jeden Morgen in Bürostühle setzen, aber auch Hotelbetten machen, in Restaurantküchen schwitzen, im Schlachthaus Rinderhälften zerlegen, nachts Büroräume putzen, Pakete zustellen und auch alte bedürftige Menschen pflegen, mithin also Arbeitsplätze übernehmen, die durch Deutsche nicht mehr besetzt werden können, weil sie schlichtweg nicht mehr da sind oder auch weil sich immer wenige Deutsche finden lassen, die diese Tätigkeiten auch übernehmen wollen, da es Tätigkeiten im Maschinenraum unserer Gesellschaft sind, dem Riesendampfer Deutschland, Tätigkeiten unter Deck, wo es heiss ist und eng und dunkel und unangenehm, wo man jedoch allzeit dafür zu sorgen hat, dass das Räderwerk der Maschinen immer gut geschmiert ist, damit die Herrschaften nicht nur auf dem Sonnendeck eine möglichst angenehme Lebensreise haben.

Und ein Sonnendeck unserer Gesellschaft scheint derzeit die Großstadt zu sein, die vielen jungen Deutschen ein Versprechen ist auf ein modernes, freies und selbstbestimmtes Leben, in das man sich seine Selbstverwirklichung hinträumt, die alle möglichen Versprechen inkludiert, eine berufliche Karriere, eine kreative Lebensführung, ein unabhängiges Dasein und eine grösstmögliche Nähe zu dem, was man gelehrt wurde, für den aufregenden Puls der Zeit halten. Und wenn, weil ja nicht ein jeder, der einst von der Provinz in die urbane Blase aufbrach, ein Steve Jobs ist, sich diese Versprechungen zerstieben, weil sich der Karriererang trotz grösstem zeitlichen Aufwand unterhalb der Abteilungsleiterebene festklemmt, was sich dennoch den Ahnungslosen daheim in der Provinz gerade noch irgendwie so als “Junior Something Officer” verkaufen lässt, und sich die Kreativität allmählich darin erschöpft, den Mist hinterher zu denken, zu schreiben, zu schwadronieren, den irgendjemand auf irgendeiner Webseite für hip erklärt hat, keine Ahnung warum, und man sich gegenseitig auf After Work Parties und Jumping Dinners anödet und sich mit Tinder-Dating-Anfragen ins Bodenlose nervt, weil man sich sicher ist, dass immer nur noch das Bessere und die Bessere oder der Bessere sofort und jetzt gleich um die Ecke kommt, bis man mit der grossen Mehrheit von über 70% Prozent der Nachbarn, die ihr Dasein im geliebten Kiez ebenfalls allein in stylischen und teuer bezahlten Singlewohnungen fristen, spätestens mit 45 Lebensjahren ernüchtert feststellt, dass der Zug fortpflanzungstechnisch aber so was von abgefahren ist, selbst wenn man eine familiäre Zukunft unter dem schicken Gorilla-Glas der selbsterklärten Urban Bohème überhaupt finanzieren könnte, was die allermeisten aber leider nicht tun, und sich deshalb ob dieser überraschenden sowie bahnbrechenden Erkenntnis achselzuckend einen Chai Latte oder wahlweise einen vegankorrekten Hendrick’s Gin gönnen, dämmert doch zumindest einigen von ihnen, dass sich mit solch selbstbezogenen Pappnasen wie ihresgleichen kaum ein Staat machen lässt, was jetzt aber auch keine allzu grosse volkswirtschaftliche Wahrheit ist.

Und da war es ihnen doch sehr beruhigend, dass im September des vergangenen Jahres ein ziemlich grosses, wenn nicht sogar das grösste aller politischen Missverständnisse in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, wie üblich irrlichternd zwischen Umfrageergebnissen, veröffentlichter Meinung und den exklusiven Innenansichten eines Kaffeekränzchens, das neben eben jener Kanzlerin noch aus einer ehemaligen Telefonistin und eines ehemaligen Kindermädchens besteht, die beide ihrerzeit das Lebensglück hatten, die amouröse Aufmerksamkeit zweier ziemlich reicher und mächtiger Männer auf sich zu ziehen, beschloss, zunächst einmal sämtliche Prinzipien und bindende EU-Verträge ohne Parlamentsbeschluss oder sonstige Legitimation einfach so über Bord zu werfen, um gleich danach die Prinzipienreiterei doch wieder von Neuem zu entdecken, wonach das Asylrecht keine Obergrenzen kenne, und somit zu gewährleisten, dass ein volkswirtschaftliches Versprechen in Gestalt von Hunderttausenden Menschen in die bundesrepublikanische Wirklichkeit Einzug hielt. Weil sich aber nicht jedem auf Anhieb gleich erschloss, welche unglaubliche Chance sich damit der Republik erbot, da die Frau Bundeskanzlerin sich anschickte, sozusagen en passant zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, da sie zum einen ganz nonchalant nicht nur das Demographieproblem minderte als auch den drohenden Fachkräftemangel behob, also einem volkswirtschaftlichen Versprechen den Weg ebnete, dem auch der Autor dieser Zeilen nur zu bereitwillig und viel zu lange Glauben schenkte, und zum anderen fast im Vorbeigehen so etwas unglaublich Gutes vollbrachte, das viele Menschen derart im tiefsten Inneren rührte, dass sie sich sogleich aufmachten, um die vielen Ingenieure, Ärzte, sonstige Akademiker und Fachkräfte an den Bahnhöfen zu begrüssen, bevor sie, die Flüchtlinge, gleich danach in die Lager verfrachtet wurden, wurde ihnen erklärt, dass für unser Land diese grenzenlose Hilfe eigentlich nichts anderes sei, als eine volkswirtschaftliche Investition, eine gesellschaftliche Notwendigkeit, der wir dringend bedürften, wollten wir unseren Wohlstand und Sozialstaat erhalten, da eben diese Menschen und deren Nachfahren, die Renten erwirtschaften müssten, die u. a. von den kinderlosen Pappnasen in den Städten dereinst eingefordert werden würden.

Dabei wäre es sicher schon damals, im Herbst 2015, vor der allgemeinen Veröffentlichung der Zahlen des Ausländerzentralregisters im März 2016, einer eingehenden Betrachtung wert und unserer Regierung auch möglich gewesen, zu prüfen, ob die Menschen, die zum einen aus blanker Not dem Kriege, und somit natürlich und selbstredend unseres Schutzes bedürfen, zum anderen aber auch nur und menschlich durchaus verständlich aus wirtschaftlichen Gründen dem Elend fliehen, und die teilweise kaum angekommen, nach Friseurbesuch und neuer Einkleidung, Smartphonefotos von sich in die Welt schicken, um immer neue Flüchtlingswellen auszulösen, da diese Fotos in den Augen der Daheimgebliebenen die Lügen einer inzwischen milliardenschweren Schlepperindustrie bestätigen, wonach ein jeder und fast schon wie unter Berufung auf ein Universales Menschenrecht aufgerufen sei, in Alemannija sein Glück zu suchen, denn auch tatsächlich dieses volkswirtschaftliche Versprechen einlösen können oder ob ihre schmalen Schultern nicht schnell davon überfordert sein werden, nichts anderes als den Fortbestand einer der diversifiziertesten und hochentwickeltsten Volkswirtschaften der Welt zu garantieren.

Ob dieses Versprechen aber einlösbar wird, das ja im Kern ein doppeltes oder beidseitiges Versprechen ist, da unser Land zwar eine volkswirtschaftliche Rendite erwartet, hierzu aber selbst sozusagen im Vorschuss ebenfalls ein Versprechen, ein Art Integrationsversprechen, leisten muss, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab und zwar, vom Grad der Bildung und Ausbildung der Einwanderer, der es ihnen ermöglichen soll und kann, überhaupt in den ersten Arbeitsmarkt einzutreten, und des Weiteren schlicht und einfach von der Tatsache, ob dieser Arbeitsmarkt ihnen überhaupt genug adäquate Stellen anzubieten hat.

Verlässliche Zahlen über den Ausbildungsstand der Flüchtlinge finden sich immer noch nicht im ausreichenden Maße, was angesichts der sonst üblichen Effizienz unserer Statistischen Dienste doch ein wenig verwundert. Allerdings scheinen jüngst formulierte Vorschläge von Experten, Wirtschaftswissenschaftlern und Politikern, man möge den Großteil der Neuankömmlinge doch am besten dem Niedriglohnsektor zuführen und hier vor allem der Landwirtschaft und der Gesundheit bzw. Pflege, ganz so, als bestünden diese Branchen im Wesentlichen nur aus Unkrautjäten und Rollstullschieberei, mehr zu sein als das sprichwörtliche Pfeifen im Walde. Einig ist man sich immerhin, dass die Flüchtlinge aus Syrien und dem Iran noch mit den besten Ausbildungen kommen, wobei das Bildungsniveau der Angehörigen aus anderen Nationen wie Afghanistan, Irak, Eritrea und auch den Menschen aus anderen afrikanischen Staaten überdurchschnittlich stark abfällt. Syrien leidet seit 2011 unter einem Bürgerkrieg, es ist also davon auszugehen, dass die Bildungsstrukturen in diesem Land seitdem zerstört werden bzw. erodieren. Die letzte Vergleichsstudie datiert jedoch eben aus dem 2011, ist also dennoch vergleichsweise aktuell und charakterisiert die Schulbildung von 65 Prozent der syrischen Schülern nach OECD-Kriterien als nicht über den Erwerb von Grundkompetenzen hinausgehend, was bedeutet, dass diese damaligen Kinder, inzwischen aber junge Männer und Frauen, nur eingeschränkt Schreiben und Lesen können und dass sie Schwierigkeiten haben, einfache Rechenaufgaben zu lösen. Eine neuere Studie des BAMF ermittelt unter allen Asylbewerbern eine Quote von 18 Prozent, die eine Hochschule, 20 Prozent, die ein Gymnasium, 33 Prozent, die eine Mittelschule und 22 Prozent, die eine Grundschule als höchste Bildungseinrichtung besucht haben sowie 7 Prozent, die über keine formelle Schulausbildung verfügen. Allerdings nahmen an dieser freiwilligen Umfrage lediglich 73 Prozent aller befragten Antragsteller teil, was die Ergebnisse wieder etwas relativiert. Aufgrund dieser Zahlen und der Anerkenntnis der Tatsache, dass – um es sehr vorsichtig zu formulieren – die Hochschulen und Gymnasien der Herkunftsländer nicht in allen Fällen deutschen Standards entsprechen und auch wenn man ihren Absolventen dennoch schnellstmöglichen Erfolg bei der Stellensuche wünscht, wird man auch bei allergrösstem Wohlwollen konstatieren müssen, dass 60, eher 70 Prozent der Flüchtlinge im Sinne des deutschen Arbeitsmarktes lediglich „gering qualifiziert” sind. Wobei „gering qualifiziert“ in diesem Zusammenhang schon sehr euphemistisch formuliert ist, weil noch nicht berücksichtigt wurde, dass überhaupt nur 2 Prozent der Ankömmlinge Deutschkenntnisse mitbringen, das heißt, die ganz überwiegende Mehrheit vor dem Erlernen irgendeines Berufes noch viel grundlegendere Anpassungsleistungen wie das Erlernen des lateinischen Alphabets, das Erlernen der deutschen Sprache in Wort und Schrift, das Erlernen von Grundrechenarten sowie die Anpassung an die hiesigen kulturellen Anforderungen im weitesten Sinne vollbringen muss.

Das sind ganz immense Herausforderungen an diese Menschen, die nicht zu unterschätzen sind, ein langer, dornenreicher und steiniger Weg, der im härtesten Kontrast zu dem steht, was sie sich einst erhofften, und von dem sich jetzt schon sagen lässt, dass nicht Wenige an ihm scheitern werden.

Es wird in diesem Zusammenhang gerne ins Feld geführt, dass die Bundesrepublik Deutschland im Laufe ihrer Geschichte mehrere Einwanderungsherausforderungen nicht nur bewältigt hat sondern auch mit und an ihnen gewachsen ist. Es wird diesbezüglich an die Vertriebenen im Nachkriegsdeutschland erinnert, aber auch an die gewollte Anwerbung der Gastarbeiter in den 1960er Jahren, die vietnamesischen Boat-People in den 1980er oder den jugoslawischen Bürgerkriegsflüchtlingen in den 1990er Jahren. Verkannt wird in diesem Zusammenhang aber oft, dass sich die Zustände auf dem deutschen Arbeitsmarkt seitdem radikal verändert haben. Die Vertriebenen, kulturell ohnehin sehr nahestehend, wurden im Nachkriegsdeutschland nachhaltig durch das aufkommende Wirtschaftswunder absorbiert, aufgrund dessen man sich auch genötigt sah, in den 1960er Jahren vermehrt Gastarbeiter anzuwerben, die nicht besonders qualifiziert zu sein brauchten, da sie lediglich einfachste Tätigkeiten in der boomenden Industrie auszuführen hatten. Die Boat-People waren aufgrund ihrer geringen Zahl nicht zu vergleichen mit der heutigen Situation, zudem hatten sie wie die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Jugoslawien den Vorteil, in Deutschland auf einen mehr oder weniger abgeschotteten Arbeitsmarkt zu treffen. Die Situation heute ist aber eine denkbar andere: Die Industrie hat die Arbeitsplätze für gering qualifizierte Arbeitnehmer in den letzten Jahren und Jahrzehnten größtenteils entweder automatisiert oder in Billiglohnländer exportiert und auch in den Dienstleistungsbranchen stehen nicht genug Arbeitsplätze für gering qualifizierte Arbeitnehmer zur Verfügung, sodass bereits jeder fünfte Deutsche mit geringen Qualifikationen trotz florierender Konjunktur arbeitslos ist.

Der eigentliche Unterschied aber zu den vorangegangenen Einwanderungsbewegungen, der die schon bestehenden gewaltigen Schwierigkeiten bei der Integration noch einmal potenziert, ist jedoch die EU-Freizügigkeit, die es jedem EU-Bürger erlaubt, schon morgen eine Tätigkeit in Deutschland aufzunehmen, falls er dies wünscht und wie die Statistik ausweist, machen immer mehr EU-Bürger von dieser Möglichkeit auch Gebrauch und wie wir zudem wissen, kommen sie mit durchweg besseren Ausbildungen, nehmen oft Arbeitsstellen an, für die sie eigentlich überqualifiziert sind, verfügen nicht selten über mehr als ausreichende Sprachkenntnisse, können zurückgreifen auf ein bestehendes soziales Netz von bereits integrierten Landsleuten, das ihr Ankommen erleichtert, bedürfen keinerlei staatlicher Integrationsleistungen, auch weil sie ohnehin schon europäisch sozialisiert worden sind.

Was das sogenannte volkswirtschaftliche Versprechen angeht, lässt sich also festhalten, dass nur wenige Flüchtlinge mehr oder weniger problemlos dem Arbeitsmarkt zuzuführen sind, da die überwiegende Mehrheit über zu geringe Qualifikationen verfügt, der deutsche Arbeitsmarkt aber nicht genug Stellen für gering qualifizierte Bewerber anbietet, und die Flüchtlinge in diesem Arbeitsmarktsektor zudem noch mit EU-Bürgern konkurrieren, die durch die Bank besser ausgebildet sind und auch sonst wesentlich mehr Integrationspotential schon mitbringen.

Was also hat eine europäische Gesellschaft derart „gering qualifizierten” Flüchtlingen aus gänzlich fremden Kulturkreisen anzubieten, auf deren Pflegestationen schon diplomierte Wirtschaftswissenschaftler aus Osteuropa als Pflegehelfer arbeiten?

Und: Was macht eine Gesellschaft mit vielen Hunderttausenden Menschen für die der hiesige Arbeitsmarkt eigentlich nur wenig bis gar keine Verwendung hat, auch weil das volkswirtschaftliche Versprechen, das man mit ihnen angeblich verband, längst im Begriff steht, von europäischen Einwanderern aus der EU erfüllt zu werden? Und zwar nicht nur in der ersten sondern auch in der zweiten und dritten Generation? Oder anders formuliert: Wie können wir allen Ernstes von Ihnen erwarten, dass sie ein von uns aufgezwungenes Versprechen erfüllen, wenn wir noch nicht einmal in der Lage sein werden, unseren Teil des Versprechens, das Integrationsversprechen, einzulösen?

Es wird uns also nichts anderes übrig bleiben, als ebenfalls einen langen, dornenreichen und steinigen Weg zu gehen, der im härtesten Kontrast zu dem steht, was man uns einst glauben machen wollte, da uns ein selbstgegebenes Integrationsversprechen zwingt, jahrelang Milliarden um Milliarden Euro dafür aufzuwenden, Menschen in Integrationskursen und Qualifizierungsmaßnahmen zu ertüchtigen, damit sie im Wettbewerb gegen Menschen dennoch das Nachsehen haben werden, die das volkswirtschaftliche Versprechen statt ihrer einlösen und derer wir dringend bedürfen und denen wir Leistungen aus der Arbeitslosenhilfe gnädig wie wir nun mal sind, erst gewähren, wenn sie 5 Jahre bei uns erwerbstätig waren.

Integration durch Teilhabe sieht anders aus. Und vielleicht wäre es deshalb nicht nur ehrlicher sondern auch anständiger, bei Vorliegen und Anerkenntnis eines tatsächlichen Schutzbedürfnisses es auch allein bei diesem Schutz bis zu dem Wegfall der Fluchtursachen zu belassen.

Es ist wie nach einer rauschenden Party, wenn man am Morgen auf der Couch mit dröhnendem Schädel aufwacht, um durch verkniffene Augen schon mal erste Details des hinterlassenen Wahnsinns zu begutachten, bevor man die Augen wieder schliesst, weil man es so genau zu diesem frühen Zeitpunkt dann doch nicht wissen will, so, wie man eine Einwanderungs-  und Ausbildungsstatistik zu gegebener Zeit lieber nicht zur Kenntnis nehmen wollte.

Und es ist des Wahnsinns fette Beute, dass unser Staat nach den Rentenexzessen und Pflegegelderhöhungen, welche sich die Alt-68er von der Politik als Wohltaten haben hinterherwerfen lassen, und die weitestgehend von der Generation Y bezahlt werden müssen, ebenso wie die durch die Eurokrise ins bald Unermessliche gestiegenen Immobilienpreise, ihnen auch noch die Kosten der letzten Sause auf’s Auge drückt, gerade jetzt, da die osteuropäische Einwanderung die Sozialversicherungssysteme und damit diese Generation zumindest ein wenig hätte entlasten können.

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