Anleitung zur Heimsuchung

Wie schon mehrfach an gleicher Stelle betont, haben sich die Anforderungen an professionelle Pflege in den letzten Jahren stark verändert und werden sich in den nächsten Jahren noch weiter verändern. Grund für diese veränderten Anforderungen ist natürlich die stetig steigende Zahl der dementiellen Erkrankungen, die nach und nach das Hauptaugenmerk von Pflege weg von der somatischen Versorgung hin zu einer professionellen und bedarfsangepassten psycho-sozialen Betreuung verschoben hat und weiter verschieben wird. Wie auch schon mehrfach an gleicher Stelle betont, ist in der Pflege gleichzeitig ein Trend der zunehmenden Ökonomisierung, der Gewinnmaximierung zu beobachten, der einer professionellen und bedarfsgerechten psycho-sozialen Betreuung von Menschen mit Demenz entgegensteht, da eine bedarfsgerechte psycho-soziale Betreuung von Menschen mit Demenz eben nur von Menschen erbracht werden kann und Menschen nun einmal die unangenehme Angewohnheit haben, für ihre Arbeit Geld zu verlangen. Da aber der Staat und hier vor allem die abgewählte, ehemalige baden-württembergische Landesregierung die Lande mit Heimplätzen regelrecht zugepflastert hat und sich auch nach dem Ende der ehemaligen und abgewählten und oppositionellen baden-württembergischen Landesregierung Heimträger finden und finden werden, die sich nicht entblöden, auch in Gegenden, die schon viel zu viel Heimplätze haben, noch einmal Heimplätze zu bauen, die kein Mensch braucht, hat der Kunde, also der pflegebedürftige Mensch oder die Angehörigen der pflegebedürftigen Menschen, so sie denn einen Heimplatz suchen, die Wahl. Und in dieser Wahl liegt auch eine Chance für Pflege, da der Kunde durch seine Nachfrage die weitere Entwicklung von Pflege beeinflussen kann, was natürlich auch die abgewählte, ehemalige und jetzt endlich oppositionelle baden-württembergische Landesregierung gewusst hat und deshalb, als sie noch in Amt und Würden war und dachte, dies auch noch in 100 Jahren zu sein, eine Landesheimbauverordnung bastelte, die dafür sorgen sollte, dass möglichst viele Heime vom Markt verschwinden und der Kunde dann, so er denn einen Heimplatz für sich oder seinen Angehörigen sucht, eben keine Wahl mehr hat und er sich mit dem begnügen muss, was er vorfindet und was ganz sicher keine bedarfsgerechte psycho-soziale Betreuung von Menschen mit Demenz hätte sein sollen sondern eher die durchökonomisierte und gewinnmaximierte Variante von Pflege mit einem schönen Parkplatz und einem schönen Einzelzimmer und einem schönen Fernsehprogramm.

Weil aber die oppositionelle, ehemalige Landesregierung die Landesheimbauverordnung noch kurz vor ihrem politischen Ableben etwas abschwächte, da mittlerweile auch den durch die Landesheimbauverordnung begünstigten Heimträgern dämmerte, dass sie ja selbst auch einige Heime im Bestand haben, die wohl durch die Landesheimbauverordnung Probleme bekommen könnten und die begünstigende, ehemalige und jetzt oppositionelle Landesregierung eben nicht mehr die nächsten 100 Jahre in Amt und Würden sein würde, ja noch nicht einmal mehr dieses Jahr in Amt und Würden sein würde, und somit auch der Fluss der gewohnten Fördermillionen, mit welchen man wohl insgeheim hoffte, den durch die Landesheimbauverordnung entstehenden Problemen Abhilfe schaffen zu können, eher ungewiss geworden ist und deshalb die marktbereinigende Wirkung der Landesheimbauverordnung gerade im Eigeninteresse dieser Heimträger wohl nicht eintreten wird, haben die Kunden jetzt doch die Wahl und diese sollten sie nutzen.

Weil die Kunden oder deren Angehörige sich zumeist mit dem Thema Pflege nicht auseinandergesetzt haben, bis das Thema Pflege sich plötzlich mit ihnen auseinandersetzt und sie also kaum Kenntnis über Pflege haben und auch keine Kenntnis haben über die Merkmale, anhand derer man ein gutes Pflegeheim erkennt, so sie denn eines suchen, hat die reformpflege sich die Mühe gemacht, diesen Suchenden eine Anleitung an die Hand zu geben und diese Anleitung ist die Anleitung zur Heimsuchung.

Eins gleich vorneweg: Wenn Sie ein Heim suchen, seien Sie selbstbewusst! Denn das ist ja gerade das Perfide an der so genannten gemeinnützigen Pflege, dass sie den Eindruck erwecken will, der Kunde, also Sie, bekäme etwas geschenkt oder erhielte eine Gnade gewährt, weil die so genannte gemeinnützige Pflege ja gerne so tut, als ob sie keinen Gewinn erwirtschaftet und das, obwohl Sie im Ernstfall, also bei Ihrem Einzug, ziemlich viel Geld zahlen werden. Pflege kostet aber immer Geld und auch die gemeinnützige Pflege erwirtschaftet Profit und das ist auch gut so, denn genau diese Tatsache versetzt Sie in die sehr berechtigte Position für Ihr Geld auch eine angemessene Gegenleistung einzufordern. Sie sind der Kunde, Sie zahlen für eine Dienstleistung, Sie müssen überzeugt werden, für Ihr Geld eine Dienstleistung mit entsprechendem Gegenwert zu erhalten. Und noch ein zweites vorweg: Wenn Sie ein Heim suchen, vergessen Sie die Pflegenoten! Suchen Sie niemals ein Heim anhand der Pflegenoten aus! Denn mit den Pflegenoten verhält es sich ganz genauso wie mit der Landesheimbauverordnung, sie sind einzig und allein in der Welt, um einen politisch erwünschten Standard von Pflege zu definieren, durchzusetzen und zu sanktionieren, um damit eine gewisse marktverschleiernde Wirkung zu entfalten. Dass politisch erwünschte Standards von Pflege der Qualität von Pflege wenig zuträglich sind, ja sogar zwangsläufig abträglich sind, muss hier nicht gesondert ausgeführt werden, da politisch erwünschte Standards von irgendwas der Qualität von irgendwas immer abträglich sind, da politisch erwünschte Standards nämlich grundsätzlich nie den Richtlinien der Qualitätsmaximierung von irgendwas folgen sondern immer und grundsätzlich den Richtlinien der Profitmaximierung für irgendjemand folgen und Sie ziemlich sicher sein können, dass Sie mit “irgendjemand” nicht gemeint sind.

Wenn Sie also ein Heim suchen, so bleibt Ihnen eigentlich gar nichts anderes übrig, als verschiedene Heime heimzusuchen und diese zu vergleichen. Am besten Sie fangen gleich damit an und fahren zum nächstgelegenen Pflegeheim. Und spätestens auf der Fahrt zu dem Pflegeheim sollten Sie sich fragen, was Sie von einem Pflegeheim eigentlich erwarten, Sie sollten sich vergegenwärtigen, dass der Einzug in ein Pflegeheim ein tiefer Einschnitt in Ihr Leben oder in das Leben Ihres Angehörigen ist. Sie sollten aber auch wissen, dass der Einzug in ein Pflegeheim und der damit einhergehende tiefe Lebenseinschnitt eine Verbesserung der Lebenssituation von Ihnen oder Ihrem Angehörigen zur Folge haben muss, denn wenn er eine Verschlechterung derselben nachsichziehen sollte, hat der Einzug in ein Pflegeheim keinen Sinn. Und deshalb sollten Sie sich fragen, worin denn genau eine Verbesserung der Lebenssituation für Sie oder Ihren Angehörigen bestehen könnte, ob sich Ihre oder die Lebenssituation Ihres Angehörigen vielleicht verbessern würde durch einen Marmorboden im Eingangsbereich des Pflegeheims oder durch einen Springbrunnen im Garten oder einen grossen Fernseher im Einzelzimmer. Wenn Sie für sich oder Ihren Angehörigen ein Heim suchen, dann tun Sie das, da Ihnen oder Ihrem Angehörigen aufgrund der entstandenen Pflegebedürftigkeit zuhause etwas fehlt zur Herstellung einer den Verhältnissen angemessenen Lebenszufriedenheit. Sie suchen ein Heim, da Sie sich durch professionelle Hilfe eine Verbesserung der konkreten Lebenssituation versprechen und sie sollten sich fragen, ob das, was zur konkreten Verbesserung ihrer Lebenssituation entscheidend beitragen wird, vielleicht ein Marmorboden im Eingangsbereich des Pflegeheims sein könnte, oder ein Springbrunnen im Garten oder ein grosser Flachbildschirm im Einzelzimmer. Sie sollten sich sich oder ihren Angehörigen vorstellen auf einem glänzenden Marmorboden im Eingangsbereich eines Pflegeheims, vor einem grossen Springbrunnen im Garten oder im Sessel vor einem Fernsehschirm in einem grossen Zimmer und wenn sie dann zu der Erkenntnis gelangen, dass das genau das ist, was Sie oder Ihr Angehöriger zu Verbesserung Ihrer oder seiner konkreten Lebenssituation brauchen, dann sollten Sie umdrehen und wieder nach Hause fahren, denn dann benötigen Sie kein Pflegeheim.

Wenn Sie aber der Ansicht sind, dass Ihr Angehöriger aufgrund einer beginnenden oder fortgeschrittenen Demenz eine fachfraulich adäquate psycho-soziale Betreuung zur Herstellung einer Lebensqualität benötigt, die ihm zuhause kein Marmorboden, kein Springbrunnen, kein Fernseher und kein Pflegedienst mehr bieten kann, dann fahren Sie weiter und wenn Sie am Pflegeheim angekommen sind, dann steigen Sie aus, gehen über den glänzenden Marmorboden im Eingangsbereich, werfen durch das Fenster einen Blick auf den Springbrunnen im Garten, ignorieren die Flachbildschirme in den Einzelzimmern und stellen Fragen nach eben dieser fachfraulich adäquaten psycho-sozialen Betreuung. Fragen Sie nach dem Konzept der psycho-sozialen Betreuung, lassen Sie sich dieses Konzept erklären und fragen Sie nach der Qualifikation der Mitarbeiter. Seien Sie penetrant! Lassen Sie sich auch die Gruppenräume zeigen, fragen Sie nach der Gruppengrösse und fragen Sie danach, ob die therapeutischen Angebote die ganze Woche über bestehen und wie lange sie täglich dauern. Und wenn man Ihnen dann sagt, dass man kein Konzept habe oder man dieses gerade nicht finden könne oder dieses Konzept allein darin bestünde, dass immer Donnerstagnachmittag Singgruppe ist oder der Pfarrer jeden zweiten Sonntag kommt oder die Ehrenamtlichen mit den Bewohnern am Samstagmorgen Kuchen backen oder es gar keine Gruppenräume gäbe, dafür aber Marmorböden und Springbrunnen und Einzelzimmer und Flachbildschirme und Türcodeschlösser, weil diese zwar teuer aussehen aber schon längst abgeschrieben sind während Lohnkosten ärgerlicherweise jeden Monat aufs Neue anfallen, dann gehen Sie wieder zu Ihrem Auto und fahren zum nächsten Pflegeheim. Fahren Sie von Pflegeheim zu Pflegeheim, bis Sie endlich ein Pflegeheim finden – und Sie werden so ein Pflegeheim finden, denn diese Pflegeheime gibt es – das verstanden hat, dass Pflege heute mehr anbieten muss als eine blosse Verwahrpflege, die Ihre Pflegebedürftigkeit oder die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen verwaltet, dokumentiert und abrechnet. Eines von vielen Pflegeheimen, das ein Konzept für den Umgang mit Menschen mit Demenz erarbeitet hat, das durch Fachkräfte umgesetzt wird, das über Gruppenräume verfügt, das jeden Tag und den ganzen Tag lang eine fachlich adäquate Betreuung von Menschen mit Demenz anbietet und Sie oder Ihren Angehörigen eben nicht mit Marmorböden, Springbrunnen, Einzelzimmern, Flachbildschirmen hinter Türcodeschlössern alleine lässt. Und wenn Sie ein solches Pflegeheim gefunden haben, das idealerweise noch über eine eigene Küche verfügt, denn frisch zubereitete Mahlzeiten pflegen mit, dann nehmen Sie bitte ein Zimmer für sich oder Ihren Angehörigen in diesem Heim und keinem anderen, denn wenn Sie das tun, treffen Sie eine Wahl, welche die weitere Entwicklung von Pflege entscheidend beeinflussen kann.

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