Arm, aber sexy

Von Oliver Zajac

reformpflege sind heute zwei Presseartikel in’s Auge gefallen, die in einem doch ziemlich traurigen Kontrast zueinander stehen. Da wäre zum einen ein Artikel von Spiegel Online, der davon berichtet, dass eine Berliner Altenpflegerin, die in einem Pflegeheim der Vivantes GmbH beschäftigt war, durch eben diese Vivantes GmbH fristlos gekündigt wurde, da sie pflegerische Misstände in eben diesem Berliner Pflegeheim zuerst den Vorgesetzten und Kollegen meldete und dann, als diese ihr kein Gehör schenkten, die Vivantes GmbH anzeigte. Dann klagte die Altenpflegerin gegen die fristlose Kündigung und verlor vor jedem deutschen Gericht, auch dem Bundesarbeitsgericht (!) und dem Bundesverfassungsgericht (!!), bis sie endlich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht bekam. Die Straßburger Richter begründeten ihr Urteil damit, dass „(…) in einer demokratischen Gesellschaft das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel in der institutionellen Altenpflege in einem staatlichen Unternehmen (…)“ höher zu bewerten sei als das Unternehmenswohl. Dazu ist es vielleicht hilfreich zu wissen, dass die Vivantes GmbH dem Land Berlin gehört. Ich hatte in der jüngsten Vergangenheit die Gelegenheit, einige Vivantes Pflegeheime aus nächster Nähe zu besichtigen. Ich habe, sehr vorsichtig formuliert, bei diesen Besichtigungen seinerzeit nicht den Eindruck gewonnen, dass die von mir besichtigten Pflegeheime unserer Hauptstadt zur Zierde gereichen. Da ist es dann natürlich praktisch, wenn der Vivantes GmbH nicht nur Pflegeheime gehören sondern gleich auch noch ambulante Pflegedienste, Reha-Einrichtungen, Kliniken, Medizinische Versorgungszentren, Sozialdienste, Catering-Gesellschaften und Wäschereien, und man so einen gehörigen Teil der medizinisch-pflegerischen Wertschöpfungskette Berlins unter seiner Kontrolle hat. Und noch viel praktischer ist es, wenn einem neben den vielen Pflegeheimen, Pflegediensten, Reha-Einrichtungen und Kliniken gleich auch noch die Heimaufsicht gehört, die ja als staatliche Kontrollinstanz bis zum Beginn der so genannten Pflegetransparenzprüfungen durch den MDK über die Pflegequalität in den Berliner Pflegeheimen ziemlich alleinstverantwortlich wachte.

Der andere Artikel stand in der SZ und berichtet vom Scheitern der Alzheimerforschung.

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