Klick

Da sitzt man eines Abends vor dem Fernseher, vernimmt die üblichen Katastrophenmeldungen aus der Tagesschau, versinkt in einem kaum fassbaren Strudel aus Bildern, Verlautbarungen, Interviewfetzen, die sich durch das Bewusstsein hageln, kleine sich schnell wieder schliessende und belanglose Löcher in eine sich zunehmend zersetzende Aufmerksamkeit schlagen, als sich plötzlich ein Satz durch das Gehirn windet:

“In Deutschland haben wir äh… in den letzten Jahren ööh… was strukturelle Reformen anbetrifft, werden wir in den nächsten Jahren Luft nach oben haben.”,

der einfach nur “Klick” macht.

Klick, da dieser Satz ja eigentlich nichts anderes aussagt, als dass in den nächsten Jahren struktureller Reformierungsbedarf anstehen wird.

Klick, da zukünftiger Reformierungsbedarf immer dann entsteht, wenn in der Vergangenheit oder Gegenwart etwas versäumt wurde oder wird.

Klick, da dieser Satz von unserem Bundesfinanzminister anlässlich irgendeiner EU-Finanzministerkonferenz in die Kameras gestolpert wurde, der ja nicht nur in der Vergangenheit Regierungsverantwortung trug sondern diese aktuell immer noch trägt.

Klick, da man diesen Satz deshalb auch so übersetzen könnte: “Wir haben nicht nur in der Vergangenheit Mist gebaut sondern bauen auch jetzt noch so viel Mist, dass in Zukunft irgendjemand den ganzen Müll hinter uns wird wegräumen müssen.”

Klick, da der Bundesfinanzminister damit nicht nur implizit zugibt, dass sie in der Bundesregierung Mist bauen sondern auch noch zu verstehen gibt, dass er sehr wohl weiss, dass sie Mist bauen.

Klick, da der Anteil der Wahlberechtigten über 60 Jahre bei der letzten Bundestagswahl noch mal um knapp eine Million Stimmen gestiegen ist und somit diese Altersgruppe insgesamt über 29% aller Wahlberechtigten in Deutschland repräsentiert.

Klick, da die Wahlbeteiligung der über 60-Jährigen immer noch bei über 75% liegt, während die Wahlbeteiligung der jüngeren Altersgruppen mit abnehmenden Lebensalter stagniert und in einzelnen Kohorten (21-25 Jahre) gerade einmal 60% erreicht.

Klick, da die über 60-Jährigen, also die überproportional vielen älteren Wählberechtigten, die überproportional zuverlässig zur Wahl mobilisiert werden können, mit insgesamt über 77% entweder CDU/CSU (48,7%) oder SPD (28,4%) wählen, während sich die Stimmen der immer wenigeren jüngeren Wähler bei abnehmender Wahlbeteiligung zunehmend differenzieren und sich zwischen verschiedenen Parteien zerfasern.

Klick, da also vor allem die Stimmen der über 60-Jährigen – und hier vor allem die Stimmen der älteren Frauen – der CDU/CSU die Wahlen gewinnen.

Klick, da sich so die Wahlgeschenke der Mütterrente und der Rente mit 63 erklären, deren Kosten von geschätzten 290 Milliarden Euro bis 2030 vornehmlich von den jüngeren Generationen durch Rentenbeiträge und Steuergelder zu bezahlen sind.

Klick, dass so viele es prima finden, wenn die Bundesregierung einen Teil der Zukunftschancen der jüngeren Generationen allein aus wahltaktischen Gründen als Wahlgeschenk verfrühstückt.

Klick, Weltmeister.

Klick, Mallorca.

Klick, Helene Fischer.

Klick, oh nee.

Klick.

Klick.

Klick.

Klick.

Klick.

Kommentieren

Sie müssen angemeldet sein, um kommentieren zu können.