Bedarf nach Bedürfnis

Irgendwo hier habe ich irgendwann einmal geschrieben, dass wir einmal Besuch vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (Behördendeutsche Abkürzung: MDK) hatten, und eben der MDK bei dieser, seiner Pflegevisite u. a. feststellen musste, dass die ärztlich verordnete Bedarfsmedikation für einen Bewohner nicht vorrätig gewesen war. Und weil das Nicht-Vorhandensein der Bedarfsmedikation seinen Grund hatte, habe ich diesen Grund eben hier auch irgendwo aufgeschrieben und dieser Grund besagte, dass die Bedarfsmedikation zwar für den Bewohner verordnet war, der Bewohner aber schon längere Zeit keinen akuten Bedarf mehr hatte, was zwar schön und gut für den Bewohner aber schlecht für das verordnete, rezeptierte und gekaufte Bedarfsmedikament gewesen ist, welches nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums entsorgt werden musste. Ausserdem steht an dieser Stelle noch irgendwo zu lesen, dass niemals und zu keiner Zeit jemals eine Gefahr für den Bewohner bestanden hat, da wir nur solche Bedarfsmedikamente bei aktuellem Nichtbedarf und erfolgter Entsorgung nicht nachbestellten, von denen wir wussten, dass wir sie dennoch im Haus hatten, da irgendein anderer Bewohner dieses Medikament immer zur regelmässigen Einnahme verordnet bekommen hat, und wir dieses Medikament bei plötzlich eintretendem Bedarf also jederzeit hätten ausborgen können, um es nach erfolgter Ausborgung und dann nachgeholter Besorgung dem ausborgenden Bewohner selbstverständlich wieder zu erstatten.

Diese – streng genommen – nicht ganz korrekte Praxis unserer Einrichtung, so steht hier auch irgendwo zu lesen, hatte wiederum „seinen Grund darin, dass Medikamente nun einmal Geld kosten, nur wenige Bewohner von der Zuzahlung befreit sind, viele Medikamente nicht mehr rezeptiert werden, also von den Bewohnern bezahlt werden müssen, und auch die von der Krankenkasse bezahlten Medikamente zu schade sind, um sie bei Nichtgebrauch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ungeöffnet einfach wegzuschmeissen.“

Aber weil der MDK uns seinerzeit für diese Praxis ziemlich gerügt hatte, mussten wir beschliessen, die Bedarfsmedikamente wieder einzukaufen, um sie nach erfolgter Nichtverabreichung und nach Ablauf des Mindeshaltbarkeitdatums wieder wegzuschmeissen.

Und weil wir gerade wieder vor drei Wochen einen ganzen Eimer gesammelter und nicht verbrauchter und abgelaufener Bedarfsmedikamente entsorgt haben, und sich unsere Pflegedienstleitung mächtig darüber geärgert hat, eine ganze Menge teurer Medikamente einfach wegzuschmeissen, hat sie vor zwei Wochen einen der örtlichen Apotheker gebeten, sich zu einem 24h-Stunden-Bedarfsmedikations-Service zu verpflichten und uns hierüber auch eine sogenannte “Selbstverpflichtungsbescheinigung” auszustellen.

Und diese Bescheinigung landete natürlich auf meinem Schreibtisch und natürlich hatte ich keine Ahnung, was wohl der MDK zu so einer Bescheinigung sagen würde, weshalb ich beschloss, erst einmal keine Bedarfsmedikation mehr neu besorgen zu lassen, und diese Bescheinigung vorsichtshalber an unseren Verband zu senden, damit dieser sie weiter an den MDK schicken würde, damit jener sie prüfen könne.

Und natürlich kam dann gleich am nächsten Tag der MDK zu seiner jährlichen Pflegevisite und fand natürlich mal wieder keine Bedarfsmedikation vor sondern eben nur uns mit unserer Bescheinigung von dem Herrn Apotheker, und von der ich keine Ahnung hatte, was wohl der MDK dazu sagen würde und von der zumindest dieses MDK-Prüfteam noch nie etwas gehört hatte.

Und natürlich ahnte ich mal wieder das Schlimmste – aber tatsächlich erhielten wir wenige Tage später eine eMail von unserem Verband, in der er uns mitteilte, dass die leitenden Mitarbeiter des MDK über unsere Bescheinigung beraten hätten und ihm, dem Verband, mitgeteilt haben, dass der MDK zu dem Schluss gekommen sei, unsere Bescheinigung über den 24h-Stunden-Bedarfsmedikations-Service unseres Apothekers so zu akzeptieren und darüber hinaus auch alle stationären Prüfteams angewiesen habe, gleichartige Bescheinigungen bei anstehenden Transparenzprüfungen in anderen Einrichtungen ebenfalls zu akzeptieren.

Und das, so muss ich sagen, hat uns dann doch sehr gefreut, da diese Entscheidung des MDK zum einen dazu beitragen könnte, Bewohnern und Krankenkassen viel Geld zu sparen, und zum anderen, weil damit vielleicht zum allerersten Mal die praktischen Erfahrungen eines kleinen und an sich völlig unbedeutenden Pflegeheims und seiner Pflegedienstleitung wenn auch nur rudimentär – aber dennoch wirklich – Eingang in die Prüfkriterien des Medizinischen Dienstes gefunden hat.

Und dafür – für die faire Prüfung dieser, unserer Angelegenheit – sagen wir hier und jetzt und ohne Hintergedanken und ausnahmsweise mal ganz artig einfach nur: Danke schön!

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