demode – Hintergründe und Folgen

Bei der Implementierung des Betreuungskonzeptes demode gab es keine Stunde Null. Das Haus Tanneck verfügte bereits über gewachsene soziotherapeutische Strukturen in der Betreuung von pflegebedürftigen Menschen mit chronisch psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen. Im Laufe der letzten Jahre veränderte sich die Bewohnerschaft dergestalt, dass immer mehr altersbedingt pflegebedürftige Menschen und unter ihnen Menschen mit Demenz aufgenommen wurden. Dies erforderte eine Anpassung der in über 25 Jahren erworbenen therapeutischen Kompetenz an die Bedürfnisse eben dieser Klientel. Insofern kann man behaupten, dass demode über eine therapeutische Tradition verfügt. demode hat viele Mütter und Väter, die in den letzten 25 Jahren ihren Teil dazu beigetragen haben, ein Betreuungskonzept zu entwickeln, von dem sie in den ersten Jahren noch nicht wissen konnten, das es in modifizierter Form einst auch der Betreuung von Menschen mit Demenz dienen wird.

Das therapeutische Team unserer Einrichtung umfasst derzeit 8 Mitarbeiterinnen, die durch Betreuungsassistentinnen und Schülerinnen unterstützt werden. Das Team vereinigt ergotherapeutische, kunsttherapeutische, sozialpädagogische, pädagogische und soziologische Kompetenzen und wird ergänzt durch eine medizinische Bademeisterin, die in der Betreuung der dritten Demenzgruppe auch als kommunikatives Bindeglied zwischen dem Pflegedienst und den therapeutischen Abteilungen fungiert.

Das Haus verfügt über keine Sonderpflegesätze und ist deshalb gezwungen, die personellen Ressourcen so einzusetzen, dass die Trennschärfe zwischen Pflege und Therapie aufgehoben wird, ohne die jeweiligen Kernkompetenzen aufzuweichen. Therapie arbeitet für Pflege und umgekehrt.

Im Einzelnen hat dieses Modell folgende praktische Konsequenzen:

demode wirkt strukturell und inhaltlich. Der strukturelle Rahmen verleiht dem Bewohner Sicherheit und Geborgenheit. Inhaltliche Module stützen die kognitiven Ressourcen und/oder generieren auch in der Demenz ein grösstmögliches Mass an Lebensqualität.

Aufgrund der vertikalen Modularisierung bietet demode die Chance zu einer größtmöglichen Flexibilisierung und Individualisierung der therapeutischen Module. Die begleitende Therapie liefert therapeutische Antworten während der ganzen Demenzkarriere.

demode hat keinen “Eventcharakter” wie andere demenztherapeutische Angebote, demode arbeitet Tag für Tag das ganze Jahr hindurch und bleibt nicht auf einige wenige Stunden in der Woche beschränkt.

Lebensqualität beinhaltet auch einen gesunden Tag-und-Nachtrhythmus. demode liefert einen ausgefüllten Tag, die Bewohner werden in den Gruppen “müde gearbeitet“ und haben in der Regel einen guten Schlaf. Ein nächtliches Nomadisieren unausgelasteter Menschen mit Demenz unterbleibt. Unmotiviertes Klingeln in der Nacht wird auf ein Minimum reduziert. Das entlastet die Nachtwachen auf Station.

Während den Gruppen werden auch grundpflegerische Massnahmen (Toilettentraining, Flüssigkeitszufuhr, Dokumentation etc.) von den Therapeutinnen übernommen. Das entlastet den übrigen Pflegedienst. Im nicht immer zu gewährleistenden Idealfall “übergibt“ der Pflegedienst die mobile Bewohnerschaft morgens an die therapeutischen Abteilungen und “übernimmt“ sie, abgesehen von den behandlungspflegerischen Massnahmen, erst abends wieder in die alleinige Verantwortung. Das garantiert den immobilen und besonders pflegeintensiven Bewohnern tagsüber zusätzliche Pflegeressourcen.

Der Pflegedienst seinerseits integriert weiche therapeutische Inhalte (Basale Stimulation) in seine alltäglichen Arbeitsabläufe und unterstützt die Therapie bei der Umsetzung der demodule innerhalb der dritten Demenzgruppe.

Nicht alle Mitarbeiterinnen des Pflegedienstes hatten in ihrer Ausbildung in ausreichendem Maße Kenntnis über den Umgang mit Menschen mit Demenz erlangt. Auch in den aktuellen Lehrplänen der Altenpflege ist dieses Thema gemessen an seiner Bedeutung deutlich unterrepräsentiert. Alle Auszubildenden des Hauses durchlaufen deshalb während ihrer praktischen Ausbildungsphasen alle demenztherapeutischen Abteilungen zum Zwecke der Nachschulung.

demode räumt jeden Tag das Haus auf. Die Bewohner sind in den Gruppen “aufgehoben”, wandern nicht durch das Haus, zappen sich nicht durch das TV-Programm oder laufen davon. Das Haus wird dadurch ruhiger, Stressfaktoren werden reduziert.

demode ist einfach. Aufgrund des strukturellen Rahmens, der vertikalen Modularisierung, der schriftlichen Fixierung der therapeutischen Module ist das Konzept schnell implementierbar.

demode ist praxiserprobt, aus der Praxis erwachsen und keine Kopfgeburt eines Einzelnen.

demode ist ein tagtägliches Ritual, ein soziales Konstrukt, das Mitarbeitern die immer gleichen Laufwege und Handlungsabläufe vorschreibt und ihnen dennoch auch Räume zur freien Gestaltung in eigener Verantwortung eröffnet. Das garantiert tagtägliche Handlungssicherheit ebenso wie die Möglichkeit zur eigenen sozialen Kreativität.

demode ist ein Betriebssystem, das jeden Tag auf das Neue konstruiert werden muss. demode ist keine therapeutische Wunderwaffe, die allen Bewohnern jeden Tag ein Dauergrinsen in das Gesicht zaubert. demode liefert nicht den “perfekten“ Tag. Besonders in der ersten Gruppe wird nicht nur gelacht sondern gelegentlich auch gestritten und geweint. demode bildet Leben ab, indem es Leben in der Sozialität spürbar macht und damit authentische Emotionen zulässt, statt nur sozial erwünschtes Verhalten durchzusetzen.

Den perfekten Tag gibt es nicht.

Kommentieren

Sie müssen angemeldet sein, um kommentieren zu können.