Ziele einer begleitenden Therapie für Menschen mit Demenz

Demenz allgemein definiert: Krankheit mit zunehmend schwereren Verlauf, gekennzeichnet durch fortschreitenden geistigen Verfall und zunehmende Auslöschung des Gedächtnisses bis zu dem totalen Verlust jeglicher geistigen Kräfte wie beispielsweise des Erinnerungs-vermögens, der Auffassungsgabe, der Konzentrationsfähigkeit. Die Krankheit ruft bei den Betroffenen insbesondere im Anfangsstadium nach Erkennen der Ausweglosigkeit der eigenen Situation massive Ängste hervor. Im weiteren Verlauf bei zunehmender Schwere der Krankheit können affektive Impulse, welche aufgrund der bereits gelöschten oder stark gestörten Selbstkompetenz nicht mehr kognitiv verarbeitet werden können, quälende und traumatische Wirkungen zeitigen.

Demenz ist bislang nicht heilbar, bestenfalls lassen sich diese Erkrankungen in ihrem Verlauf medikamentös und/oder therapeutisch entschleunigen.

Die Betreuung von Menschen mit Demenz hat in vielen Pflegeeinrichtungen oft noch keinen besonderen Stellenwert, ist nur sehr schwach ausdifferenziert, wird wolkig auf eine biographiebezogene Pflege reduziert oder besitzt lediglich „Eventcharakter“. Als Beispiele sind hier u. a. zu nennen: Sinnesgarten, Snoezelen, Nachtcafé und Fühlboxen im Stationsflur oder Aufenthaltsraum. Diese Massnahmen sind für sich allein unzureichend, weil nicht umfassend genug. Menschen mit Demenz sind demenzkrank auch wenn es regnet, Schnee liegt oder der Snoezelenraum gerade besetzt ist. Weiter ist ein gestörter Tag-Nachtrhythmus keine gesetzmässige Folge der Erkrankung sondern kann auch Resultat einer Nicht- oder Fehlbeschäftigung tagsüber sein. Sinnvolle Förderung meint auch nicht “Müde-laufen-lassen” in Rundgängen oder langen Fluren. Ein Ziel einer begleitenden Therapie muss es sein, Menschen mit Demenz bis zu ihrem Lebensende in der Sozialität zu halten. Das Hantieren mit Fühlboxen ersetzt keine soziale Interaktion, eben so wie der oft gesteigerte Bewegungsdrang von Menschen mit Demenz nicht selten nur ein Wegrennen vor sich selbst, vor der eigenen diffus als quälend wahrgenommenen eingeschränkten sozialen Kompetenz ist. Jede Eventtherapie kann ein mehr oder weniger sinnvolles Modul innerhalb einer umfassenden begleitenden Therapie sein: Bewegung ist wichtig, sensorisches Erfahren auch – sie ersetzen jedoch kein umfassendes therapeutisches Konzept.

Ein weiteres Kennzeichnen in der bestehenden Dementenbetreuung ist die problematische Durchmischung von Menschen in unterschiedlichen Phasen der Demenzerkrankung in nur einer, meist zu grossen, Gruppe. Wenn Menschen in der ersten Phase der Demenz mit den Krankheitsbildern der späteren Verlaufsstadien konfrontiert werden, kann dies Ängste und Aggressionen auslösen. Ganz zu schweigen davon, dass in einer solchen Gruppe die Mehrzahl der Mitglieder immer entweder unter- oder überfordert ist.

Andere Betreuungskonzepte haben die Spezifizität der therapeutischen Bedürfnisse von Menschen in bestimmten Phasen ihrer Demenz erkannt, bieten aber nur bestimmten Gruppen exklusive therapeutische Inhalte an. Als Beispiel ist hier u. a. die Pflegeoase zu nennen. Ein sehr beeindruckendes Konzept für Menschen im Endstadium der Demenzerkrankung, das aber leider ausser Acht lässt, dass Demenz schon viel früher beginnt und allein schon die schiere Masse der zukünftig zu erwartenden Erkrankten kein mit Sonderpflegesätzen subventioniertes Betreuungsmodell für alle Bedürftigen volkswirtschaftlich garantieren kann.

Demenz ist ein Prozess.

Sozialtherapie hat daher ihr Hauptaugenmerk auf eine Begleitung der Menschen mit Demenz in ihrem Prozess des geistigen Verfalls zu legen.

Menschen mit Demenz in den unterschiedlichen Stadien ihrer Erkrankung haben unterschiedliche Ressourcen, unterschiedliche Selbstkompetenzen und unterschiedliche Interessen. Sie haben somit unterschiedliche therapeutische Bedürfnisse, denen sich die Therapie anzunehmen hat, will sie die oben formulierten Ziele erreichen. Sinnvolle therapeutische Arbeit in diesem Sinne ist möglichst flexibel und individuell zu halten.

Die begleitende Therapie der Menschen mit Demenz zeitigt demzufolge drei Ziele:

Entschleunigung der Krankheit durch gezielte Förderung und Erhaltung noch verbliebener kognitiver Ressourcen.

Einbettung der Menschen mit Demenz in ein spezifisches therapeutisches Setting, welches krankheitsbedingt blinde oder fehlgeleitete Affekte lindernd auffängt, Ängste nimmt und auch während der Demenz ein grösstmögliches Mass an Lebensqualität bereitstellt.

Anpassung der therapeutischen Massnahmen an die unterschiedlichen Verlaufsstadien der Demenz. Die begleitende Therapie ist darauf abzustimmen, unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Stadien der Demenz den bestmöglichen therapeutischen Input zum bestmöglichen Zeitpunkt zu geben. Therapie ist daher möglichst passgenau zu gestalten.

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