Ne richtig betriebene übertriebene Übertreibung muss von langer Hand vorbereitet sein und sie braucht bestimmte Zutaten, um diesen sozialen Übertreibungsmechanismus zu konstruieren, der dann so ne richtig schicke Eskalation entfalten kann. Damit der Eisbär nicht wegblubbert, muss die Luftverschmutzung bekämpft werden, richtig? Sind ja die vom Menschen gemachten Treibhausgase, die den Klimawandel ausgelöst haben, der wiederum dafür sorgt, dass dem Eisbären die Eisschollen wegschmelzen. Und wenn erst mal alle in der Gutmenschenfalle sitzen, weil – RETTET DIE EISBÄREN! – die Eisbärenrettung ihre Synapsen massenhaft besetzt hat, wird reine Luft auf einmal ungeheuer wichtig. So wichtig, dass jeder Politiker der – RETTET DIE EISBÄREN! – einigermassen bei Trost ist, natürlich keinerlei Einwände gegen die Eisbärenrettung und damit gegen reine Luft hat. Geht ja gar nicht, weil nämlich auch Politiker – ausser Donald Trump – keine klimawandelleugnende eisbärmordende Neandertaler sein wollen. Und dieser Wunsch und das Bedürfnis, wiedergewählt zu werden, sind so gross, dass sie es auch zähneknirschend, wenn auch mit einem künstlichen Lächeln im Gesicht akzeptieren, dass andere Politiker und Umweltlobbygruppen – RETTET DIE EISBÄREN! – über die EU schärfere Luftreinhaltungsgesetze auf den Weg bringen, die dann auch irgendwann in Deutschland Gesetzeskraft erlangen müssen. Die EU ist diesbezüglich immer so schön praktisch, zum einen, weil es erstens, kein Schwein interessiert, was die eigentlich in Brüssel so den ganzen Tag veranstalten und zweitens, weil man unter unseren europäischen Freunden immer Verbündete finden wird, um Interessen durchzudrücken, die, um es mal so zu sagen, nicht unbedingt der deutschen Wirtschaft nützen, und drittens, weil diese EU-Gesetze anders als irgendwelche freiwilligen Klimaabkommen – rettet die Eisbären! – auch tatsächlich innerhalb der EU rechtlich bindend und somit einklagbar werden. Also erlässt die EU bestimmte Schadstoffgrenzen, die eingehalten werden müssen, um keine Strafzahlungen zu riskieren und fordert obendrein noch Messstationen, die an „typischen“ Orten in den europäischen Städten die Luftqualität überwachen sollen. Und nun könnte man ja sagen, „typisch“ für eine Stadt wie Stuttgart sei die Wilhelma, weil da wohnen ja auch Eisbären, aber irgendein Eisbärrettungsspezialist kommt ganz sicher auf die Idee, zumindest eine Messstation an eine vielbefahrene Bundesstrasse zu wuchten, die auch für deutsche Großstädte eher unüblich, sechsspurig mitten durch die Innenstadt brettert. Und was meinste, wird die da wohl messen, zumal der Standort der Station in einer Nische noch so gewählt worden ist, dass dort – in einer aufgrund der Kessellage ohnehin schon eher windarmen Stadt – ganz sicher kaum ein Lüftchen wehen wird?
Lass mich raten, Chef, sagte ich, doch wohl nicht ne Überschreitung der Grenzwerte, im ERNST?
Achgottchen, sagte der Chef.
Und beide schauten wir auf unsere Haupteingangstür.
Und wenn dann alles für das Schmierentheater angerichtet ist, alle Zutaten wie Gesetze, Schadstoffgrenzen, drohende Strafzahlungen und „typische” Messstationen an ihrem Platz sind, dann brauchste nur noch zu warten, sagte der Chef, dann geht alles fast wie von selbst, weil früher hiess es mal, drei Deutsche, ein Verein, und heut isses eher so: drei Deutsche, eine Bürgerinitiative. Und natürlich lassen sich auch irgendwelche – RETTET DIE EISBÄREN! – Umweltfreunde, die gibts ja inzwischen massenhaft, auf ebenso privater wie einträglicher Weltrettungsmission diese Gelegenheit nicht entgehen und überziehen die Stadt mit Klagen. Anwohner – RETTET DIE EISBÄREN! – stellen auf einmal verwundert fest, dass sie doch tatsächlich an einer sechsspurigen Bundesstrasse wohnen – das war denen vorher gar nicht aufgefallen – und überziehen die Stadt ebenfalls mit Klagen, wobei sie ganz übersehen, dass die Bundesstrasse nicht erst gestern vom Himmel gefallen ist und deshalb der Nachteil, den sie womöglich erleiden, längst eingepreist wurde, da erstens, niemand gezwungen ist, an einer sechsspurigen Bundesstrasse zu wohnen und wenn er zweitens trotzdem dort wohnen will, der vermeintliche Nachteil durch den Vorteil geringerer Mieten und Preise über die Zeit in der Regel längst ausgeglichen worden ist.
Da kannste dann aber nix mehr machen. Da is dann alles zu spät. Bürgerinitiativen und Umweltfreunde drehen tüchtig am Rad, also Pressearbeit, Interviews mit betroffenen Anwohnern, die sauer in die Kamera schauen, Internetpetitionen, Demonstrationen, Klagen und Klagen und nochmals Klagen. Und weil in der Zwischenzeit im Rathaus und in der Staatskanzlei zwei Grüne sitzen, werden all diese Initiativen dankbar aufgenommen, weil sie doch so prima zu dem jüngst formulierten grünen Parteitagsbeschluss, dem Verbot des Verbrennungsmotors bis 2030, passen. Ein Beschluss, der wohl nicht zuletzt der Tatsache geschuldet ist, dass selbst einigen Grünen inzwischen gedämmert ist, dass sie zunehmend überflüssig werden, da sich ihr einstiger Markenkern in Auflösung befindet, nicht nur weil der lebende Hosenanzug vor ein paar Jahren so eben im Vorbeigehen die Energiewende verkündete sondern auch weil der ganze andere Öko-, Bio- und Gender-Klimbim von fast allen anderen Parteien so oder so ähnlich gefordert wird.
Tja, so kanns eben kommen, wenn alle in der Gutmenschenfalle sitzen, dachte ich.
Also bemühen sich die Grünen mal wieder ein bisschen, viel besser zu sein als nur gut und identifizieren den Dieselmotor als die grösste Drecksschleuder der Nation, wobei der Diesel im Grunde nur das Symbol für den Verbrennungsmotor ist und man mit irgendwas nun mal anfangen muss, ausserdem emittiert der Diesel mehr Feinstaub und Stickoxide als ein Benziner und hat zudem auch aufgrund der seltenen Dämlichkeit der Autoindustrie, die den Dieselskandal provozierte, klar die Nase vorn, was den gefühligen Ekelfaktor angeht, selbst wenn er weniger CO2 produziert als ein Benziner, und CO2 nunmal eines jener Treibhausgase ist, welche dem – rettet die eisbären! – Eisbär so sehr zusetzen. Aber die Leute differenzieren ja nicht und sie sollen auch gar nicht differenzieren, sie sollen nur irgendwie fühlen, dass der Diesel der maschinelle Gottseibeiuns ist, ein teuflisches Ding, das nur erfunden und gebaut worden ist, um die Luft zu verpesten, was irgendwie nicht nur schlecht für den – RETTET DIE EISBÄREN! – Eisbären ist sondern auch für uns, da dessen Emissionen im Begriff sind, uns massenhaft umzubringen, was dann auch prompt durch eine verschwurbelte Schätzung des SPD-geführten Umweltbundesamtes irgendwie bewiesen werden soll, wonach in Deutschland Jahr für Jahr 45.300 Menschen an der Feinstaubbelastung sterben. Wobei das Bundesumweltamt immerhin anerkennt, dass Menschen im Allgemeinen sterblich sind und man deshalb nur schätzen könne, wie viele Menschen vorzeitig sterben. Im Bundesamtssprech heisst es dazu: „Anzahl der vor Erreichen des statistisch durchschnittlich zu erwartenden Lebensalters eingetretenen Todesfälle.“ Nun ist das aber sone Sache mit der Lebenserwartung, sie steigt nämlich schon seit Jahrzehnten, auch in Deutschland werden die Menschen immer älter, selbst in den 1960er bis 1980er Jahren, als die Feinstaubbelastung in Zeiten des fröhlichen Wirtschaftswunders um ein Vielfaches grösser gewesen sein müsste. Und das hat natürlich vielfältige Gründe, wie bessere Lebensumstände, bessere Ernährung, bessere medizinische Versorgung undsoweiter, dennoch bleibt unverständlich, wie das Bundesamt vorhersagen kann, welche Lebenserwartung Menschen bei einer allgemein steigenden Lebenserwartung ohne Feinstaubbelastung hätten haben können, denn das müssten sie, wenn sie behaupten, 45.300 Menschen seien aufgrund des Feinstaubs vorzeitig gestorben. Das kann man seriös und valide eigentlich nur behaupten, wenn man auch über eine Vergleichsdatenbasis verfügt, nämlich die empirische Entwicklung der menschlichen Lebenserwartung ohne Feinstaubbelastung, diese kann es aber gar nicht geben, da erstens, jeder Mensch nur einmal lebt und zweitens, schon der Neandertaler immer auch schon durch Wolken von Feinstaub gelatscht ist, der durch Vulkanausbrüche, Waldbrände, Lagerfeuer in Höhlen, Wüstenstäube, Milbenkot, Partikelbildung im Wald, Pilzsporen und – ganz schlimm! – Lagerfeuer in Höhlen undundund entstanden ist. Aber selbst wenn die Behauptung des Umweltbundesamtes zutreffen würde, dass 45.300 Menschen aufgrund der Feinstaubbelastung vorzeitig sterben, immerhin umfasst diese Summe fast 5% der jährlichen Sterbefälle in Deutschland, dann wäre der Diesel nur für einen geringen Anteil der gesamten Feinstaubmasse verantwortlich, zu der sich zusätzlich zu dem natürlichen Feinstaub noch die Feinstäube durch die Industrie, die Landwirtschaft, die Heizungen, den Luft-, Schiffs-, Schienen-, Güter- und Flugverkehr undsoweiterundsofort summieren. Zumal neue Untersuchungen zeigen, dass der Feinstaub an Deutschlands berühmtester Messstation zu 85 % aus dem Abrieb von Bremsen, Reifen und Strasse besteht. Ein Problem also, dass sich auch durch mehr Elektromobilität kaum lösen lässt. Und da braucht man dann schon fast gar nicht mehr zu erwähnen, dass die weltweit höchste Lebenserwartung mit derzeit 89,52 Jahren ausgerechnet im extrem dicht besiedelten Stadtstaat Monaco zu finden ist, über den man wiederum auf Wikipedia lesen kann: „Die Verkehrssituation im Fürstentum ist vor allem zu den Hauptverkehrszeiten äußerst angespannt.“ Muss wohl an dem frischen Meeresklima liegen, das den Feinstaub beständig mit ner milden Brise aus der Stadt bläst, wobei das auch wieder sone Sache ist, denn aus Meeresdunst, der an der Luft trocknet, bilden sich Salzkristalle und damit – Feinstaub.
Aber Chef, sagte ich, willste damit etwa sagen, dass Feinstaub gesund ist?
Nee, das will ich damit nicht sagen, wobei wir zumindest an die natürlichen Feinstäube evolutionsgeschichtlich gewöhnt sein müssten, sagte der Chef und zündete sich eine Zigarette an.
Ja – und warum erzählste mir dann den ganzen Scheiss?
Na, wegen der Übertreibung der Übertreibung!
..?
Na, es gibt zum einen eine behauptende Schätzung des Bundesumweltamtes, die alles, aber nicht sehr evident ist, es gibt zum anderen eine Feinstaubmasse, die sich aus vielen Quellen speist, mit einem vergleichsweise geringen Anteil auch aus Dieselruss, und es gibt darüber hinaus Untersuchungen, dass der Feinstaub an der Messstelle zu 85 % aus dem Abrieb von Reifen, Bremsen und Strasse besteht.
Und jetzt?
Eigentlich sollte man doch jetzt denken, wenn das alles so wahnsinnig gefährlich ist, wie die behauptende Schätzung tut, dann sollte man dem Feinstaubproblem doch auf breiter Front und mit Augenmass zu Leibe rücken oder nicht? Seltsamerweise fokussiert man sich aber in allererster Linie auf den Verbrennungsmotor und hier besonders auf den Diesel, der überhaupt nur zu einem Bruchteil für die behauptete Gefahr verantwortlich sein kann. Dabei gibts aber ein Problem.
Aha..?
Die grünen Verbrennungsmotorabschaffer sind in Regierungsverantwortung und befinden sich somit in einem Dilemma. Auf der einen Seite zuckt der gutmenschliche Verbotsreflex gar heftig, auf der anderen Seite haben auch sie mittlerweile begriffen, dass Baden-Württemberg und hier vor allem die Region um Stuttgart ihren Reichtum in allererster Linie der Automobilindustrie und deren Zulieferern zu verdanken hat und deshalb die Aussicht, hier demnächst wieder Zuckerrüben oder Sojabohnen anzubauen statt Autos zusammenzuschrauben ausserhalb der 6-prozentigen grünen Stammwählerschaft aus den üblichen Makrameeflechtern, Vegan-Hipstern und Makrobiotikexperten nur auf sehr wenig Gegenliebe stossen wird. Und so haben sie sich überlegt, dass sie dem Diesel, diesem Gottseibeiuns eines Verbrennungsmotors, und damit der Autoindustrie vielleicht ans Bein pinkeln können ohne dass wir das merken oder besser noch, haben sie sich überlegt, dem Diesel nachhaltig den Garaus zu machen und sich gleichzeitig und gerade deshalb und trotzdem als Innovationstreiber und Modernisierer feiern zu lassen.
Häh? Wie sollen das gehn?
Na, indem man den Eindruck erweckt, fast schon verzweifelt den Diesel retten zu wollen, was dann aber leider, leider nicht klappt. Die Zutaten sind angerichtet und die selbstgestellte Falle längst zugeschnappt. Die behämmerte Messstation reisst zuverlässig und regelmässig die Schadstoffgrenzen, was Strafzahlungen an die EU zur Folge haben könnte und die Umweltverbände, die Bürgerinitiativen und die Anwohner, darunter auch grüne Parteimitglieder, überziehen die Stadt mit Klagen. Die grünen Verantwortlichen sind also unter Zugzwang und was nun folgt, ist ein fast schon episches Ringen – das ganz grosse Drama – sie unternehmen scheinbar alles, WIRKLICH ALLES, um den Dieselfahrern ein Fahrverbot zu ersparen. Dazu werfen sie sich landesväterlich in die Brust, krähen in jede Fernsehkamera, dass sie erstens, angetreten sind, um Ökonomie und Ökologie miteinander zu versöhnen, sie zweitens, gestalten statt verbieten wollen und sie drittens, an diesem ganzen bedauerlichen Schlamassel vollkommen unschuldig sind, da sie ja durch EU-Recht und die Klagen von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen sozusagen gezwungen werden, zu unser aller Wohl gegen eine ernste Gefahr vorzugehen. Dass sie qua EU-Recht eigentlich nicht gezwungen sind, zuallererst gegen den Dieselmotor vorzugehen, sagen sie natürlich nicht. Ein kleiner Schönheitsfehler – immerhin – im Script des Dramas, der den allermeisten im nun anschwellenden Bohei aber kaum bis gar nicht auffallen wird. Und so stellt sich dann der grüne Mandatsträger – ausgerechnet ER! – dem grausamen Schicksal entgegen seiner natürlichen Veranlagung, alles unternehmen zu müssen, um an diesem symbolträchtigen Orte, Stuttgart, Ökonomie und Ökologie, Gottseibeiuns und wegblubbernden Eisbär staatstragend miteinander zu versöhnen, aber ach, es hilft alles nichts, auch die mehr als 500.000 Euro teure Mooswand erweist sich als ebenso untauglich wie Feinstaub-Kleber und Feinstaub-Kehrmaschine zuvor. Die dringend notwendige Untertunnelung oder teilweise Verlegung der Bundesstrasse raus aus der Innenstadt sind nur stumpfe Schwerter, zerstören sie doch noch mehr Naturraum und benötigt ihr Bau zu viel Zeit, da doch schon jetzt der Bürgerprotest draussen vor dem Rathause wogt, die Verwaltungsgerichte drängeln und die EU bereits mit spitzen Knöcheln an die Türe pocht und so dräut dann dem grünen Edelmanne die überraschende Erkenntnis, dass eine wirksame Reduzierung der Feinstaubbelastung nur erzielt werden könne, wenn es gelingen möge, den innerstädtischen Autoverkehr signifikant zu reduzieren. Nachdem also der Nachweis endlich erbracht worden ist, dass sich der Gottseibeiuns auch durch die abstrusesten und behämmertsten Gegenmassnahmen nicht besänftigen lässt, da die Messstation erwartungsgemäss immer wieder die Schadstoffgrenze reisst, folgt nun der zweite Akt des Dramas, da der grüne Drachentöter abgekämpft und müde vor das Volk tritt und spricht: “Sehet! All dies haben wir unternommen, aber es war vergebens!” Daraufhin sinkt der Drachentöter ermattet auf die Knie, breitet die Arme aus und spricht: “Höret! Ich will euch künden von unseren Luftreinehalteplan. Das Feinstaub-Biest ist stark und mächtig und im direkten Kampf vermag alleine ich nicht für euch zu siegen! So stehen wir zusammen, um das Biest endlich zu vertreiben. Vernehmt also unseren Plan. Sobald wir das Biest am Horizont nahen sehen, werden wir an den Stadttoren den Feinstaubalarm ausrufen, sodass ihr eure Autos stehen lassen könnt, um den Öffentlichen Nahverkehr zu nutzen.“ Und natürlich denken die Leute, jetzt sindse endlich total durchgeknallt und lassen ihr Auto – na klar – nicht stehen, zumal der Öffentliche Nahverkehr auch gar nicht in der Lage wäre, diese Masse an Neukunden zu befördern, also reisst die behämmerte Messstation leider oder eher erwartungsgemäss wieder die Schadstoffgrenze und der Appell des Drachentöters wird dringlicher: „Haltet ein! Haltet ein in eurer Unvernunft! Verstehet doch, dass wir nicht bis zum Äussersten gehen möchten. Wir wollen kein Fahrverbot für Diesel aussprechen, aber wir könnten durch die EU dazu gezwungen sein! So höret doch! So höret doch in unserem eigens für euch eingerichteten WhatsApp-Kanal und lasset eure Autos stehen.“ Und weil diese Masche natürlich auch nicht zieht, versucht man den Schwab vermeintlich zu locken: “Ein jeder, der den Bus seiner Kraftdroschke vorzieht, darf auch einen kostengünstigen Kinderfahrschein lösen!“ Und noch besser: “Ein jeder, der schon eine Jahresfahrkarte hat, darf einmal im Jahr umsonst auf den Fernsehturm! Haltet doch ein!“ Aber ach, es hilft alles nicht, wobei nach gänzlich unbestätigten Berichten die Nummer mit dem „Einmal im Jahr umsonst auf den Fernsehturm“ bei der damit befassten kommunalen Feinstaub-Arbeitsgruppe für grosse Erheiterung gesorgt haben soll, was aber leider oder eher erwartungsgemäss nichts an dem Fahrverhalten der Bürger ändert, woraufhin sich jetzt der dritte Akt des Dramas ankündigt, da endlich der Hofnarr auftritt. Denn wenn es jemanden braucht, der den Leuten unmissverständlich klar macht, dass die Grünen mal wieder in ernster Gefahr sind, jeglichen Realitätsbezug zu verlieren, dann ist Winfried Hermann zuverlässig der richtige Mann, der unverdrossen an seinem von der EU vorgeschriebenen Luftreinhalteplan bastelt, welcher ergänzt um zwei Anlagen, mittlerweile insgesamt 649 Seiten umfasst, die, transparent wie die Grünen nun mal sind, für jeden Bürger einsehbar im Rathaus und im Internet ausliegen. Eine Transparenz à l’EU allerdings, die jedem kritischen Geist schon von vornherein signalisieren soll, dass jeglicher Widerstand allein schon aufgrund der ungeheuren Datenfülle und deren massiver Fundierung absolut zwecklos ist. Von der EU lernen heisst eben siegen lernen, das hamse bei den Grünen begriffen, obwohl sich die Lektüre des Luftreinhalteplans durchaus lohnen könnte, ist er doch auch das Protokoll einer Erfolgsgeschichte, die einen kontinuierlichen Rückgang der Schadstoffbelastung, auch bei den Stickstoffdioxid (NO2) Immissionen, verzeichnet. Auf Seite 35 der jüngsten Fassung des Stuttgarter Luftreinhalteplans ist zu lesen:
„Die Luftqualitätssituation in Stuttgart weist einen deutlichen Trend zu abnehmenden Schadstoffbelastungen von PM10 (Feinstaub einer bestimmten Grösse – rp) und NO2 auf. Die verbleibenden Grenzwertüberschreitungen von NO2 treten nur im Nahbereich von Straßenabschnitten mit hohem Verkehrsaufkommen auf. Eine Überschreitung des zulässigen PM10-Tagesmittelwertes von 50 µ / m3 an mehr als 35 Tagen im Jahr wird seit 2012 nur noch an der besonders verkehrsreichen Messstelle Am Neckartor festgestellt. Die Messdaten an der Messstation Stuttgart Bad Cannstadt belegen, dass die Immissionsgrenzwerte für PM10 und NO2 im städtischen Hintergrund eingehalten werden.“
WAS?
Aber es kommt noch besser. Warste schon mal am Neckartor?
Bin eher selten in der Stadt, Chef. Warum?
Am Neckartor steht die Meßstelle, die am meisten Ärger macht, wie dem Stuttgarter Luftreinhalteplan zu entnehmen ist. 2016 wurde nur noch dort der Grenzwert für Feinstaub an 63 Tagen gerissen, erlaubt sind 35 Tage. Alle anderen Messstationen halten diesen Überschreitungsgrenzwert ein. Nun verweist selbst der Stuttgarter Luftreinhalteplan auf die besondere Charakteristik der Messstelle Am Neckartor mit einem Verkehrsaufkommen von ca. 80.000 Kraftfahrzeugen am Tag:
„Die Straße ist mit jeweils drei Fahrstreifen pro Richtung ausgebaut und einseitig bebaut. Die Gebäude werden werden etwa gleichmäßig durch Wohnungen und Arbeitsstätten genutzt. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der Mittlere Schlossgarten mit einem dichten Baumbestand parallel zur Straße; dies begünstigt trotz einseitiger Bebauung den Schluchtcharakter der Straße. In ca. 40 m Entfernung zur Messstation in nordöstlicher Richtung befindet sich die lichtsignalgeregelte Kreuzung Am Neckartor / Heilmannstraße mit der Einmündung der Cannstatter Straße (120 000 Kfz / Tag).“
Es ist interessant, dass der Stuttgarter Luftreinhalteplan explizit auf die „ungünstigen“ Faktoren an dieser Meßstelle, wie sechsspurige Strasse in einer Schlucht mit einem enorm grossen Verkehrsaufkommen und einer grossen ampelgesteuerten Kreuzung mit noch mehr Verkehrsaufkommen in mittelbarer Nähe, hinweist. Was der Plan aber verschweigt, ist der noch viel explizitere Standort der Meßstation rechts an der Strasse vor einem Gebäudevorsprung. 80.000 Fahrzeuge am Tag entfachen in einer Schlucht vor allem an den Rändern eine Sogwirkung und damit auch einen unablässigen Partikelstrom, der von dieser Ecke gestoppt, gesammelt und gleichsam konzentriert wird, da er sich nicht anders verteilen kann, zumal bei einer Inversionswetterlage, die zudem noch von oben drückt. Ob eine solch verkehrstechnisch exponierte Lage tatsächlich „typisch“ für Stuttgart im EU-Sinne ist, darf wohl bezweifelt werden, weshalb es dann auch im Stuttgarter Gemeinderat Bestrebungen gab, die Meßstation zu verlegen beziehungsweise eine weitere Meßstation an gleicher Stelle “ohne Ecke” zu errichten, dem aber von der grünen Verwaltungsspitze nicht entsprochen wurde. Warum auch? Es lief doch alles bestens. Eine alternative Meßstation „ohne Ecke” hätte sehr wahrscheinlich weit geringere Messergebnisse registriert, die bestehende aber lieferte zuverlässig wie ein Thermometer, das man ganz zufällig in der prallen Sonne liegen gelassen hatte*, regelmässig Übertretungen der EU-Schadstoffgrenzen.
So erreichte die Übertreibung der Übertreibung oder die Hysterie um den Feinstaubalarm in der Zwischenzeit ungeahnte Dimensionen, die Meßstation am Neckartor nervte die ganze Republik, die Medien berichteten landauf, landab, Bilder der Feinstaubalarmschilder, die an den Toren der Stadt vor der Einfahrt in die Todeszone warnten, in welcher der Diesel-Godzilla wütet, flimmerten über die Fernseher der Nation, Staubsaugerbeutelherstellerfirmen warnten in Werbespots bereits vor der unterschätzten Hausfeinstaubgefahr im heimischen Wohnzimmer und Rechtsanwaltskanzleien boten schon auf ihren Webseiten vermeintlich Diesel-Geschädigten eilfertig ihre Dienste an, als der Hofnarr, welcher den typisch deutschen Hysterie-Eskalations-Prozess immer mal wieder mit Diesel-Fahrverbots-Ankündigungen garnierte, verlautbaren liess, dass es jetzt doch tatsächlich ein Fahrverbot für ältere Diesel ab 2018 geben solle, wenn auch ein ziemlich kleinlautes, da ältere Diesel in der Innenstadt zwar unmissverständlich verboten werden, aber dann doch wieder irgendwie missverständlich erlaubt seien, also manchmal und unter gewissen Umständen an bestimmten Orten, aber nicht immer. Oder so. Ein Fahrverbot mit insgesamt 19 Ausnahmeregelungen, die so detailversessen sind, dass es eigentlich unmöglich kontrolliert werden kann, es sei denn alle Stuttgarter Ordnungshüter stellen ihre Aktivitäten in all ihren anderen Aufgabengebieten ab 2018 vollständig ein.
Ist eben n teuflisches Ding, sone Gutmenschenfalle, auf einmal sitzt man selber drin, eingeklemmt zwischen den Interessen der agitierten und alarmierten Umweltfreunde nebst Bürgerinitiativen und den eigenen Machtambitionen, denn natürlich sind Vermutungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass die grünen Prinzen aufgrund des durchschlagenden Erfolgs ihrer Diesel-Diskreditierungskampagne irgendwann die Angst vor der eigenen Courage packte, weil die Umfrageergebnisse ihrer Partei im Bundestagswahljahr bisher eher mau sind und lange schlafende Hunde wie die Gewerkschaften langsam aufzuwachen drohen, weshalb auch der Oberprinz, dem es leider nicht vergönnt war, sich wie sein Vorvorgänger beizeiten, da die brennende Lunte immer kürzer wird, in ein alternatives Amt abzusetzen, auch im Vorfeld der Fahrverbotsankündigung auf einmal den Anschein erweckte, zu sich selbst auf Distanz gehen zu wollen, indem er beinahe schon zerknirscht die Sinnhaftigkeit der drohenden Fahrverbote anzweifelte, dann auf einem eigens anberaumten Autogipfel mit führenden Managern der Industrie den bedingungslosen Innovationstreiber und Verfechter der Dieselumrüsttechnik gab und zu guter Letzt auch noch ostentativ offenbarte, er habe sich privat einen Diesel gekauft, weil er müsse als treusorgender Opa für seinen Enkel schon mal eine Tonne Sand transportieren und dafür brauche er nunmal ein „gescheit’s“ Auto.
Es bleibt abzuwarten, ob sich derlei billiger Opportunismus doch noch in Wählerprozente auszahlt, zu befürchten ist es fast, aber Tatsache ist auch, dass der Dieselmotor nicht nur aufgrund der Machenschaften der Autoindustrie sondern auch und gerade durch die Machenschaften bestimmter politischer Seilschaften einen massiven Imageverlust erlitten hat und es sehr fraglich ist, ob er sich jemals davon erholen wird. Da fragt man sich dann schon, was so ein urban „Progressiver“ denn so denkt, in der kurzen moralinsatten Zeitspanne vor seinem Soja Latte Macchiato sitzend, nachdem er den Verbrennungsmotor teilversenkt hat und bevor ihn die nächste Weltrettungserregung übermannt. Ob er glaubt, in Zukunft werde alles so bleiben, wie es ist, nur eben sauberer, leiser und gesünder oder ob er weiss, dass Verbrennungsmotor-Deutschland ungeheuer weit ist und tief. So weit und tief, dass ungezählte Menschen und deren Familien an ihm hängen. Denn wenn mans genau nimmt, haben die grünen Prinzen das Geschäft der Konkurrenz aus China und dem Silicon Valley besorgt und in ihrem Eifer mit der wirtschaftlichen Zukunft einer ganzen Region und den Jobs von zigtausenden Menschen gespielt, indem sie die Axt an die Wurzel ihrer Existenz legten. Denn ob und wie sich die Zukunft der Mobilität für Deutschland tatsächlich gestalten wird, weiss heute kein Mensch und solange das so ist, bleiben auch Zuckerrüben und Sojabohnen eine ernstzunehmende Option.
Und was is jetzt mit dem Eisbär?, fragte ich.
Tja, verschreckt durch das grüne Theater kaufen die Leute jetzt mehr Benziner und weniger Diesel, sagte der Chef.
CO2?
Ja.
Blubber?
Blubber!
Biedermann und Brandstifter wird fortgesetzt. Der nächste Teil erscheint im Juli. Irgendwann im Juli.