McPflege – Teil 3

Natürlich werden auch nach dem Aus der Pflegeheimförderung in Baden-Württemberg, wie auch in anderen Bundesländern, weiterhin Pflegeheime gebaut werden. Sie werden gebaut durch privat-gewerbliche als auch durch so genannte gemeinnützige Träger. Jetzt könnte man fragen, wie denn die gemeinnützigen Träger den Bau ihrer Pflegeheim finanzieren, da es doch selbst in Baden-Württemberg keine Subventionen mehr gibt, die doch jahrelang so dringend notwendig waren, um die pflegerische Versorgung der Menschen zu gewährleisten. Darauf könnte man antworten, dass die so genannten gemeinnützigen Träger den Bau ihrer Pflegeheime nach dem Aus der Pflegeheimförderung eben so finanzieren, wie das die privat-gewerblichen Träger vor und nach dem Aus der Pflegeheime getan haben und tun werden, nämlich durch die Aufnahme von Fremdkapital, landläufig auch Kredit genannt, oder indem sie sich das Pflegeheim nach ihren Wünschen von einem Investor bauen lassen und dann gegen eine Rate anleasen. Jetzt könnte man noch weiter bohren und fragen, wie denn den so genannten gemeinnützigen Träger nach dem Aus der Pflegeheimförderung etwas möglich ist, nämlich das Erwirtschaften von Zins, Tilgung oder Leasingrate, was ihnen vor dem Aus der Pflegeheimförderung gänzlich unmöglich war. Darauf könnte man dann antworten, dass ihnen das sehr wohl auch schon vor dem Aus der Pflegeheimförderung möglich gewesen wäre, nur hatten sie dazu keinen Bedarf, da sie sich die erwünschten staatlichen Subventionen lieber bei der Politik organisierten.

Wie man trotz Gemeinnützigkeit ganz gut und völlig legal trotzdem Gewinn erwirtschaften kann, wird gerade durch die letztere der beiden vorgestellten Finanzierungsmöglichkeiten, der Leasingvariante, anschaulich deutlich. In der Pflegebranche ist derzeit eine Leasingrate von 7% „marktüblich“. Das liegt irgendwo zwischen 3 und 4 % über den für die gemeinnützigen Träger üblichen Kreditzinsen. Das ist teuer, hat aber den Vorteil, sich nicht selbst verschulden zu müssen und kann bei entsprechender Ausgestaltung des Leasingvertrages eine gewisse Flexibilität garantieren. Das besonders Interessante an diesem Modell ist aber, dass die so genannte gemeinnützige Einrichtung, die ja allein dem Allgemeinwohl verpflichtet sein soll, hier schon einen Gewinn erwirtschaftet, nämlich die Rendite des Investors, welcher dem gemeinnützigen Träger das Pflegeheim auf die grüne Wiese gestellt hat, dazu möglicherweise selbst Fremdkapital aufnehmen musste und die Differenz zwischen seinem Kreditzins und der empfangenen Leasingrate als zu versteuernden Gewinn einstreicht. 7 % hört sich wenig an, kann aber ganz schön viel sein, angenommen der Investor finanziert ein durchschnittliches Pflegeheim mit einem Preis von 6,5 Millionen, dann hat der so genannte gemeinnützige Träger dem Investor jedes Jahr eine Leasingrate von 455.000 Euro zu überweisen. Und das 20 bis 25 Jahre lang, je nach dem, wie lang die Laufzeit des Leasingvertrages bemessen wurde. Viel Geld für einen Träger, der doch angeblich alles, was er hat, und er hat doch so wenig, allein dem Gemeinwohl widmet. Man stelle sich einmal vor, die baden-württembergische Landesregierung hätte den von ihr so protegierten gemeinnützigen Trägern das Gesamtvolumen der Pflegeheimförderung von 710 Millionen nicht einfach so geschenkt sondern nur geleast. Bei einer Rate von 7 % und einer Laufzeit von 20 Jahren hätten sich die Steuerzahler über einen Rückfluss ihrer eingesetzten Mitteln von insgesamt 994 Millionen freuen dürfen, wobei sie immer noch die Besitzer der mit den ursprünglich 710 Millionen Euro erbauten Pflegeheimimmobilien geblieben wären. Ein satter Gewinn „vor Steuern“ – was wären damit für Kindergärten möglich gewesen.

Das beschriebene Leasingmodell ist aber steuerrechtlich nicht davon abhängig, dass ein fremder Investor auf den Plan tritt. Gemeinnützige Pflege kann auch dafür Sorgen tragen, dass der Gewinn, die Pacht oder Leasingrate, nicht abfliesst sondern in der Familie, im Konzern, verbleibt. Hierzu macht der gemeinnützige Träger aus Eins Zwei. Er spaltet seinen Betrieb auf und gründet neben einer gemeinnützigen Betriebs GmbH noch eine gewerbliche, profitorientierte Immobilien GmbH, die ein Pflegeheim baut und dieses gegen ein „marktübliches“ Entgelt an die gemeinnützige Betriebs GmbH, die, wie der Name schon sagt, das Pflegeheim betreiben soll und zu diesem Zweck fleissig Pacht oder Leasingrate für das Betriebsmittel „Pflegeheim“ an die gewerbliche Immobilien-Tochter überweist.

Eigentlich ist hiermit das gängigste Prinzip, wie aus gemeinnützigen Einnahmen gewerbliche Profite werden können, hinreichend erläutert, wiewohl aus der ursprünglichen gemeinnützigen Einrichtung oder ihrer Gesellschaftsform, der gGmbH, noch weitere gewerbliche GmbHs entstehen können, also aus Eins und Zwei auch Drei, Vier, Fünf und Viele werden können.

Zweck der gemeinnützigen Betriebs GmbH ist allein „Pflege“, sie existiert damit quasi „virtuell“ und kann sich prinzipiell alle Leistungen und Mittel, die für den Betrieb einer Pflegeeinrichtung nötig sind, von gewerblichen GmbHs einkaufen, die auch legal zum Konzern gehören dürfen. Gemeinnützige Pflege braucht ein Pflegeheim, dieses wird angepachtet; das Pflegeheim muss täglich geputzt werden, die Reinigungsfrauen kommen von einer konzerneigenen Reinigungsfirma; die Bewohner müssen verpflegt werden, die Mahlzeiten werden von der eigenen gewerblichen Catering-Tochter geliefert usw. usw. Der Phantasie und den Verschachtelungsmöglichkeiten sind hier keine Grenzen gesetzt, selbst das Pflegepersonal kann an eine konzerneigene Personaldienstleistungs-GmbH outgesourct und wieder kostenpflichtig angemietet werden, es muss hierbei lediglich darauf geachtet werden – das schreibt das Gesetz vor – , dass für die eingekauften Leistungen „marktübliche“ Preise bezahlt werden, wobei diese Dienstleistungen rund um die Pflege natürlich ihren eigenen, ganz speziellen Markt und somit auch dessen eigene Üblichkeit schaffen. Die gemeinnützige Betriebs GmbH selbst darf keinen Profit erwirtschaften, aufgelaufene Gewinne müssen binnen einer bestimmten Frist wieder gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden, wo aber kein gemeinnütziger Gewinn mehr ist, da er bereits durch gewerbliche Töchter abgeschöpft wurde, da muss auch nichts mehr für das Gemeinwohl investiert werden. Ein inzwischen weit verbreitetes Erfolgsmodell, man gebe nur einmal die drei Worte „gemeinnützige Betriebs GmbH“ bei Google ein, und man findet neben den Gemeinnützigen auch zunehmend grosse, privat-gewerbliche Unternehmen, die diese Form der Verleugnung bevorzugen. Es muss wohl daran liegen, dass diese Unternehmen der Auffassung sind, von Caritas und Diakonie zu lernen, hiesse Siegen lernen, weil Scheinheiligkeit eben immer noch die fettesten Profite verspricht.

Je grösser die gemeinnützigen Sozialkonzerne sind, desto unübersichtlicher werden die internen Verschachtelungen und desto schwieriger ist es, die Geldströme nachzuverfolgen. Zumal die Gemeinnützigen, im Marketing sehr geschickt, was wirtschaftliche Fakten angeht, eher verschwiegen sind und beispielsweise die Höhe ihrer jährlichen Umsätze nicht veröffentlichen. Es gibt dennoch Schätzungen, die davon ausgehen, dass die gesamte Wohltätigkeitsbranche so um die 55 Milliarden im Jahr umsetzt, andere Publikationen geben den Umsatz, den allein Caritas und Diakonie im Jahre 2002 deutschlandweit erwirtschafteten mit 45 Milliarden an. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum erwirtschaftete beispielsweise BMW weltweit einen Umsatz von 42,3 Milliarden Euro. Viel Geld, das, sei es gewerblicher oder gemeinnütziger Profit, im Kirchenbesitz verbleibt und eben nicht dazu eingesetzt wird, die Not der Welt zu lindern. Das überlassen die Wohltäter viel lieber staatlichen Stellen und den spendenden Bürgern, dessen Geld sie gegen eine kleine Bearbeitungsgebühr gerne in jedes Katastrophengebiete der Welt weiterleiten. Dass die Kirchen über ihren erstaunlichen wirtschaftlichen Erfolg so gerne schweigen, mag wohl auch mit der Kirchensteuer zusammenhängen. Sollen doch viele Menschen im Glauben belassen werden, dass die Kirchensteuer von den Kirchen vollständig für wohltätige Zwecke eingesetzt wird, was leider auch nicht der Fall ist, weil nämlich gar nicht notwendig.

reformpflege ist kein Steuerzahlerblog, das die Frage zu erörtern hat, ob Institutionen, die vom Staat mit Milliarden zugeschmissen werden und zudem jedes Jahr beeindruckende Gewinne vorweisen können, noch einer vom Staat einzutreibenden Kirchensteuer bedürfen, ebenso wenig wie reformpflege ein moraltheologischer Blog ist, das zu diskutieren hat, wie die hemmungslose Profitgier noch mit der Frohen Botschaft zu vereinbaren ist, reformpflege ist ein reformpflegerischer Blog, der hier erklärt, dass es kein Problem damit hat, wenn die Kirchen mit Pflege Geld verdienen, reformpflege hat aber ein massives Problem damit, dass die Kirchen dies nicht auch ausdrücklich zugeben und kommunizieren, sich vielmehr immer noch im Mantel der Wohltätigkeit verbergen und damit Pflege massiv schaden.

Denn eine Pflege, die immerzu vorgibt, sich nicht selbst finanzieren zu können, nur von Almosen zu leben, die sich selbst verleugnet oder verleugnet wird, ist eine Pflege, die nichts wert sein soll.

McPflege wird fortgesetzt. Der nächste Teil erscheint in wenigen Tagen.

Kommentieren

Sie müssen angemeldet sein, um kommentieren zu können.